Eines unserer Reise-Highlights war Theth, ein abgelegenes Bergdorf im Norden Albaniens. Eingebettet in die albanischen Alpen wirkt der Ort wie ein Geheimtipp am Ende der Welt. Still, ursprünglich und umgeben von beeindruckender Natur. Hier scheint vielerorts die Zeit stehen geblieben zu sein. Wer nach dem lebhaften Tirana hierher reist, spürt einen gigantischen Kontrast: Klare Bergluft, glasklares Wasser, unberührte Landschaften und jahrhundertealte Traditionen. Theth ist ein Ort für alle, die Ruhe suchen, Wandern lieben und Albanien von seiner authentischsten Seite erleben möchten.
Grundsätzliches über Theth und Geschichte
Theth liegt im Norden Albaniens, im Kreis Shkodër, eingebettet im Tal des Shala-Flusses inmitten der Albanischen Alpen. Das Dorf liegt zwischen 750 und 850 Metern über dem Meeresspiegel und rundherum erheben sich zahlreiche Gipfel über 2.000 Meter. Theth war lange Zeit isoliert und galt traditionell als eine abgelegene Hochgebirgssiedlung. Ursprünglich siedelten sich Familien an diesem abgelegenen Ort an, um ihre religiösen und kulturellen Traditionen zu bewahren. In früheren Zeiten war die Region von durch die umliegenden Berge stark abgeschirmt. Im 20. Jahrhundert begann man mit ersten Wegen und Infrastrukturprojekten das Tal und den umliegenden Regionen zu verbinden.
Heute ist Theth Teil des neuen Nationalparks Alpen Albaniens, der 2022 aus bestehenden Schutzgebieten wie dem ehemaligen Nationalpark Theth gebildet wurde. Dadurch genießen die Landschaft und Natur hier einen strengeren Schutz.
Was macht Theth einzigartig – und was kann man erleben?
Theth ist kein typischer Ort für Urlauber. Die Stärke von Theth liegt in der Natur und in der Stille. Hier erlebt man Bergwelten, in denen man allein zu sein scheint – außer mit Ziegen, Flüssen und Wind. Wandern ist die Hauptaktivität: Pfade führen zu Quellen, Wasserfällen, Schluchten und Aussichtspunkten. Auch einfache Spaziergänge genügen oft, um die Schönheit der Umgebung zu erfassen. In Theth erlebt man Tradition hautnah: alte Häuser, steinerne Mauern, eine kleine Kirche und der (historische) Wehrturm, der als „Lock-in-Turm“ bekannt ist. Manche Familien betreiben Gästehäuser, in denen man abends warmes Essen und Gemeinschaft erlebt. Der Weg nach Theth selbst ist Teil des Erlebnisses: Holprige Straßen mit tiefen Schlaglöchern, enge Kehren und hohe Bergpässe. Wer diese Route fährt, bekommt bereits auf dem Weg nach Theth einen Vorgeschmack auf das Bergleben.
Highlights & Sehenswürdigkeiten
Der Ort Theth und die Anfahrt
Das Dorf Theth selbst ist kompakt, mit einigen verstreuten Häusern entlang des Bergtals. Mehrere kleine Weiler gehören dazu, manche an steilen Hängen gelegen. Der Ort wirkt bescheiden, ruhig und authentisch – es gibt keine große Infrastruktur, sondern einfache Gasthäuser, Einheimische und viel Natur. Die Zufahrt nach Theth erfolgt meist über den Qafa e Thorës (Thore-Pass), eine Passstraße, die früher unbefestigt und gefährlich war. Seit 2021 ist die Verbindung von Koplik über den Pass bis Theth weitgehend asphaltiert, doch die Straße blieb eng und in etlichen Abschnitten anspruchsvoll. Im Winter ist sie zeitweise unpassierbar, da der Thore-Pass auf über 1.600 Metern liegt. Unterwegs erhält man Ausblicke auf steile Berghänge, gewaltige Gipfel und tiefe Täler. Sobald man die Passhöhe überquert hat und ins Tal hineinabfährt, erlebt man eine andere Welt, die aber zwischenzeitlich auch bei Bikern sehr beliebt ist.
Wanderung zum Blue Eye
Unsere Wanderung zum Blue Eye von Theth (Syri i kaltër) zählt zu den Top-Erlebnissen in der Region. Der Pfad dorthin schlängelt sich durch Wälder, über Bäche und über Almwiesen. Gelegentlich geht es ziemlich steil bergauf. Die Gesamtdistanz beträgt von Theth aus etwa 19 km mit rund 650 Metern Höhenanstieg. Die Wanderung dauert etwa 6 bis 7 Stunden. Die bequemere Alternative – die auch wir bevorzugten – ist, mit dem Auto bis Nderlysaj zu fahren und von dort aus zu wandern. Vom Parkplatz in Nderlysaj aus sind es noch knapp 3 Kilometer (ca. 1 bis 1,5 Stunden Wanderung) bis zum Blue Eye. Am Ziel trifft man auf eine traumhaft schöne, natürliche Wasserquelle mit intensiv türkisblauem Wasser in einer felsigen Schlucht. Das Erlebnis am Blue Eye hat etwas magisches und insbesondere früh morgens ist es hier noch fast menschenleer. Mit jeder Stunde nimmt allerdings die Zahl der Besucher, die sich mit dem Jeep bis fast vor das Ziel fahren lassen, zu. Also startet möglichst früh und da der Weg steinig ist und sehr rutschig sein kann, denkt an gutes Schuhwerk. Wenn ihr nach Rückkehr Hunger habt, ist die Bakery Furr Buke Pizzeria in Nderlysaj eine tolle und günstige Adresse. Sehr leckere Pizze und superfreundliches Personal.
Das unglaublich klare Wasser von Theth
Das Wasser im Fluss und im Blue Eye von Theth ist außergewöhnlich klar und schimmert in intensiven Blau- und Türkistönen. Der Grund dafür liegt in den karstigen Kalksteinformationen der Albanischen Alpen: Das Wasser sickert tief durch das Gestein, wird dabei natürlich gefiltert und kommt eiskalt und glasklar wieder an die Oberfläche. Durch den hohen Sauerstoffgehalt und die mineralische Zusammensetzung entsteht dieser fast unwirkliche, leuchtende Farbton, der je nach Lichteinfall ständig seine Nuancen verändert.
Wanderung zum Grunas Wasserfall
Auf dem Rückweg von der Tour zum Blue Eye machten wir halt an der Goat-Bridge. Von hier aus wanderten wir zum Grunas-Wasserfall. Nachdem wir den beeindruckend tiefen Canyon über eine recht schmale Brücke überquert hatten, führte der Weg über etwa 200 Höhenmeter, durch Wald, über Pfade neben Bächen, und endet an einem rund 30 Meter hohen Wasserfall. Für die etwa 2 km lange Strecke braucht man etwa 45 Minuten.
Das Wasser kommt aus Schneeschmelze und Bergquellen, es rauscht kraftvoll, besonders im Frühsommer. Es gibt kleine Becken und Felsen, auf denen man pausieren kann, auch wenn das Wasser sehr kalt ist, sodass längeres Baden kaum möglich ist. Die Umgebung ist wild, steil begrenzt von Felsen und Wald. Der Wasserfall zählt zu den beliebtesten Zielen rund um Theth und eignet sich gut für einen halbtägigen Ausflug.
Wildes Campen – Freiheit pur im Camper
In Albanien ist wildes Campen grundsätzlich erlaubt, und besonders rund um Theth ist das ein echtes Highlight für Van-Reisende. Entlang des klaren Shala-Flusses finden sich zahlreiche wunderschöne Stellplätze inmitten unberührter Natur. Wer dort übernachtet, erlebt absolute Ruhe, frische Bergluft und einen Sternenhimmel, den man so selten sieht. Es gibt keine Infrastruktur, kein Strom und keine sanitären Anlagen – dafür aber Freiheit und Natur pur. Gerade für Reisende mit eigenem Camper ist diese Art des Aufenthalts ein unvergessliches Erlebnis. Wichtig bleibt, Rücksicht auf die Umwelt zu nehmen und keinen Müll zu hinterlassen. Auch wenn wir selbst nicht dort gecampt haben, können wir das Gefühl von Freiheit und Einfachheit gut nachvollziehen – es ist genau das, was Albanien für viele so besonders macht.
Die alte Kirche in Theth
Die kleine Kirche von Theth – die Kisha e Thethit – ist kulturell bedeutsam und zentral im Ort gelegen. Sie ist einfach, aus Stein gebaut, mit schlichten Linien und einem klaren Dach. In ihr spürt man die religiöse Tradition, die trotz Isolation und harter Lebensbedingungen erhalten blieb.
Neben ihr steht oft der sogenannte Lock-in-Turm (oder Blutturm), eine Wehrstruktur, die früher Schutz bieten sollte. Besucher spüren hier, wie eng das Dorfleben einst mit dem Glauben und dem Gemeinschaftssinn verbunden war. Im Inneren findet man gelegentlich religiöse Gegenstände, schlichtes Inventar und den Raum für Andacht. Für viele Besucher ist die Kirche ein ruhiger Ort zur Reflexion nach langen Wanderungen.
Probleme in Theth: Touristenanstieg, Infrastruktur, Strom & Müll
Mit dem wachsenden Tourismus steigen auch die Herausforderungen. Die Zahl der Besucher steigt stark und in der Hochsaison wirkt Theth zeitweise schon überlaufen. Das belastet Wege, Unterkunftsangebote und Ressourcen. Die vorhandene Infrastruktur ist unzureichend. Viele Straßen sind eng, Schlaglöcher und Geröllabschnitte scheinen normal und im Winter oder bei Starkregen sind Wege teilweise unpassierbar.
Die Stromversorgung erfolgt meist über riesige Dieselgeneratoren vorm Haus – ein lauter, umweltbelastender und teurer Ersatz, da kein durchgängiges Stromnetz existiert.
Ein weiteres Problem ist der Müll. Mit mehr Touristen steigt die Abfallmenge: Plastikflaschen, Verpackungen, Zigarettenkippen und Essensreste. Leider liegt der Müll zwischenzeitlich überall und die Entsorgung und Logistik scheinen schwierig. Man kann nur hoffen, dass sich das bald ändert.
Wie kommt man nach Theth?
- Von Shkodër (nächste größere Stadt) fährt man über den Qafa e Thorës (Thore-Pass) nach Theth.
- Der Pass ist meist von Frühjahr bis Herbst befahrbar. In Wintermonaten kann der Weg schneebedeckt oder gesperrt sein.
- Teile der Strecke sind asphaltiert (seit 2021 die Verbindung über den Pass), aber eng und kurvenreich.
- Einige Passagen sind weiterhin steil und unbefestigt – ein Fahrzeug mit guter Bodenfreiheit hilft.
- Bei Regen kann der Weg schlammig werden.
- Alternative: Man kann den letzten Teil zu Fuß zurücklegen, falls das Fahrzeug nicht weiterkommt.
Wetter & beste Besuchszeit
Theth hat alpines Klima mit starken Jahreszeitenunterschieden.
- Frühling (Mai–Juni) und Sommer (Juli–August) sind ideal: milde Tage, klare Luft, Wasserfälle in voller Kraft.
- Herbst (September–Oktober) ist auch gut – das Licht verändert sich, die Hitze lässt nach.
- Winter (November bis April) bringt Schnee, geschlossene Pässe und oft völlige Isolation des Ortes.
- Regen ist möglich, vor allem im Frühjahr oder Herbst.
Die beste Zeit, Theth zu besuchen, ist zwischen Juni und September – dann sind Wanderwege offen und die Natur zeigt sich grün und lebendig.